BTZ Osnabrück

Jahresbericht der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim | Bereich aus dem Handwerk

Heraus­forderungen

Mit dem abebben der pandemischen Lage im Jahr 2022 war der Lehrgangsbetrieb nur noch mittelbar, insbesondere durch hohe Krankenstände, beeinflusst. Andere Herausforderungen rückten in den Fokus – allen voran die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Analog zu den wohl meisten Unternehmen und Betrieben, war auch die Arbeit im BTZ durch gestörte Lieferketten und deutlich gestiegene Preise beeinflusst. Durch eine vorausschauende Einkaufspolitik konnte diesen Herausforderungen begegnet und die Effekte gedämpft werden. Dennoch war eine Anpassung der Gebühren sämtlicher Bildungsangebote notwendig, um das BTZ zukunftssicher aufzustellen.

Eine besondere Herausforderung, der sich das BTZ in den nächsten Jahren wird stellen müssen, ist der sich verstärkende Trend geringer werdender Teilnehmendenzahlen in den Maßnahmen nach den SGB II/III. So teilte zum Ende des Jahres das Jobcenter Osnabrück mit, dass es in diesem Jahr keine Plätze in der Maßnahme BaE-integrativ einkaufen wird, wodurch eine Neuausschreibung der BaE integrativ mit deutlich reduzierter Platzanzahl durch die Agentur für Arbeit notwendig wird.  Ebenso ist zu erwarten, dass das Förderzentrum mit aller Wahrscheinlichkeit mit deutlich verminderter Platzzahl neu ausgeschrieben werden wird.

Auch wenn beide Maßnahmen in den neuen Ausschreibungsrunden im Jahr 2023 gewonnen werden sollten, ist mit einem deutlichen Umsatzrückgang im Bereich der SGB II/III Maßnahmen zu rechnen. Entsprechend stellt sich die Herausforderung diesen Umsatzrückgang weitestmöglich durch neue Projekte und Maßnahmen, auch jenseits einer Förderung durch Jobcenter und Agentur für Arbeit, zu kompensieren.

Chancen

Besonders positiv ist hervorzuheben, dass mit Blick auf das BTZ Förderbescheide in Höhe von über 17 Mio. Euro im Jahr 2022 durch Bund und Land ausgestellt wurden. Sowohl durch den Neubau des Gebäudes „G“, als auch durch die Modernisierung des Gebäudes „E“ und die erheblichen Investitionen in eine digitalere und modernere Ausstattung wird sich das BTZ auch weiterhin als einer der modernsten Bildungsdienstleister am Markt positionieren können.

Dies wird sowohl positive Auswirkungen auf die obligatorischen Lehrangebote wie die betriebsbegleitende Ausbildung und die Meistervorbereitung haben, als auch zusätzliche Bildungsangebote ermöglichen. Sei es durch den Ausbau der Meisterschule, neuer Angebote im Bereich der Landmaschinenmechatronik, oder durch verschiedene Kooperationen mit regionalen und überregionalen Unternehmen im Bereich der Fort- und Weiterbildung.

Betriebs­begleitende Ausbildung (ÜLU)

Im Berichtsjahr 2022 wurden in der betriebsbegleitenden Ausbildung insgesamt 336.821 Teilnehmerunterrichtsstunden durchgeführt. Dieses bedeutete einen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um rund 2 %. Die betriebsbegleitende Ausbildung ist neben der Ausbildung im Betrieb und der Berufsschule anerkannter dritter Lernort. Sie ist weiterhin ein Eckpfeiler für die Zukunftsfähigkeit des Handwerks und findet auch und gerade aufgrund ihrer Aktualität die Akzeptanz der Betriebe.

Fort- und Weiter­bildung

In 2022 haben 683 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit insgesamt 49.179 Teilnehmerunterrichtsstunden an den Fort- und Weiterbildungskursen des BTZ Osnabrück teilgenommen (15,4 % Steigerung zum Vorjahr). Des Weiteren absolvierten 998 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Meisterausbildung mit insgesamt 262.799 Teilnehmerunterrichtsstunden (8,8 % Steigerung zum Vorjahr). Die Meisterausbildung ist ein unumstrittener Pfeiler der beruflichen Bildung und wird vom BTZ Osnabrück in dreizehn Gewerken angeboten sowie ausgebaut.

Ferner wurden die Lehrkonzepte für die Meistervorbereitungskurse in den Handwerken Kfz-Technik sowie Elektrotechnik entsprechend der neuen Rahmenlehrpläne umgesetzt und die ersten Vollzeitkurse sind in 2022 gestartet.

Ebenso bedeutend sind die kaufmännischen und administrativen Studiengänge „Geprüfte*r Kaufmännische*r Fachwirt*in HwO – Bachelor Professional“ (kurz: kfm. Fachwirt) sowie „Geprüfte*r Betriebswirt*in HwO“ (kurz: Betriebswirt). Das Jahr 2022 startete mit parallel fünf bereits laufenden Studiengängen zum Betriebswirt. Im Oktober/November 2022 sind drei weitere Stundengänge gestartet.

Darüber hinaus wurde ein Workshop rund um die Entwicklung und Umsetzung eines Geschäftsmodells anhand der Methoden „Business Model Canvas“ sowie „Value Proposition Canvas“ neu konzipiert und in dem Betriebswirt-Studiengang integriert. Hierdurch erhalten die Teilnehmenden eine praxisorientierte Vorbereitung auf ihre Prüfung „Innovationsmanagement“. Mit diesem neuen Lehrkonzept hat das BTZ Osnabrück deutschlandweit einen Alleinstellungsmerkmal.

Darüber hinaus genießt das BTZ Osnabrück überregional einen sehr guten Ruf und ist Co-Initiator einer neuen Kooperation der norddeutschen Handwerkskammern zur gemeinsamen Durchführung des Studiengangs zum kfm. Fachwirt.

Ebenfalls erwähnenswert ist die Erweiterung des Kursportfolios um folgende Kurse: Fachkundige Person Hochvolt (FHV) in der Land- und Baumaschinentechnik (3S), Hochvolt-System in der Kfz-Technik (3S) Busi-ness Model Innovation.

Hochvolt­technik im Kompetenz­zentrum für Steuerungs-, Regelungs- und Messtechnik in Land- und Bau­maschinen

Der Fachbereich Land- und Baumaschinen des BTZ Osnabrück entwickelt sich seit Dezember 2020 zum Kompetenzzentrum für Steuerungs-, Regelungs- und Messtechnik in Land- und Baumaschinen weiter. Das im vorhergegangenen Jahr komplettierte Team arbeitete über den gesamten Verlauf des Jahres 2022 gemeinschaftlich an einer Bandbreite an Aufgaben, die sich teils auf die Werkstätten, teils auf das gesamte BTZ und teils auch auf weitere Bereiche der Kammer bezogen.

Das Projekt zielt darauf ab, die Qualität der Lehre sowohl in der überbetrieblichen Ausbildung, als auch in der Fort- und Weiterbildung weiter zu stärken, womit sich das BTZ auch in Zukunft bundesweit mit jedem Bildungsanbieter messen kann. Dafür werden Funktionsmodelle weiterentwickelt, der Unterricht digitalisiert und neue Lehrmittel beschafft – wobei der Begriff „Lehrmittel“ in diesem Gewerk auch tonnenschwere Maschinen beinhaltet.

Im April 2022 wurde eine erste vollständig elektrisch betriebene Baumaschine geliefert. Hierbei handelte es sich um den E-Radlager Schaffer 24e. Dieser Radlader wird in Zukunft in der Aus- und Weiterbildung in der Land- und Baumaschinenmechatronik eingesetzt.

Um die Maschine in Lehrgängen des BTZ einsetzen zu können, wurden die Mitarbeiter des Kompetenzzentrums im Umgang mit Hochvoltsystemen weitergebildet und in die neue Maschine erst unterwiesen. Die Investitionen zahlten sich schon im Februar aus, als der Bundesverband LandBauTechnik die Werkstatt als zertifizierter Schulungsstandort für Hochvolttechnik und als auditierte Meisterschule auszeichnete. Des Weiteren arbeiten die Mitarbeiter an diversen neuen Lernszenarien und Lehrmitteln, mit denen die komplexen Systeme innerhalb von Land- und Baumaschinen möglichst realitätsnah geschult werden können. Gerade auf dem Gebiet der Mobilhydraulik und der Bustechnik haben die Hersteller in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt, die innerhalb des Projekts auch ihren Weg in die Werkstatt des BTZ finden sollen.

Rückblick DiKonA

Die Land- und Baumaschinentechnikbranche steht vor großen Herausforderungen: Die zunehmende Digitalisierung und der Trend zur E-Mobilität ändern das Berufsbild des Land- und Baumaschinenmechatronikers nachhaltig. Hierdurch ergeben sich neue Anforderungen an die Facharbeiterinnen und Facharbeiter.

2020 startete in Osnabrück und an drei weiteren Standorten das Digitalisierungsprojekt DiKonA – „Digitale Konzepte für eine moderne Ausbildung in der Land- und Baumaschinenmechatronik“.  Auch hier dreht sich alles um Traktoren und Mähdrescher, Bagger und Radlader. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen in Stade, Potsdam und Walldorf wollen die Projektmitarbeitenden bis zum Juni 2023 die überbetriebliche Ausbildung in diesem Gewerk mit digitalen Inhalten anreichern und auf die rasante Weiterentwicklung in der Maschinentechnik einstellen.

Neben den „klassischen“ Kompetenzen und Fähigkeiten, wie der Metallbearbeitung oder der Wartung von hydraulischen Systemen, kommen zusätzliche Anforderungen hinzu, wie die Fehleranalyse in vernetzten IT-Systemen oder die Hochvolttechnik. Dementsprechend werden die Lehrgänge der überbetrieblichen Ausbildung an die neuen Anforderungen angepasst.

Im Berichtsjahr wurden Lehrgänge der überbetrieblichen Ausbildung angereichert, Konzepte zur Steigerung der Anwendungskompetenz zum Umgang mit digitalen Technologien für Auszubildende und Ausbildende entwickelt und die Kooperation der einzelnen Lernorte gestärkt.

Am BTZ Osnabrück werden Aufgabenstellungen in Lernsituationen zukünftig als Kundenaufträge an die Lehrgangsteilnehmenden verteilt. Hierzu wurde im Jahr 2022 eine Softwaresimulation einer Branchensoftware entwickelt, in der vorgefertigte Kundenaufträge hinterlegt werden. Zusätzlich können in der Software Hilfestellungen und Informationen zu Aufgabenstellungen angeboten werden. In der Software ist eine Arbeitszeiterfassung und virtuelles Warenlager hinterlegt. Die entstehenden Kosten werden pro Kundenauftrag summiert.

Ziel ist es, die betriebliche Lebenswirklichkeit im Lehrgang abzubilden. Auszubildende sollen den Wert ihrer Arbeit erkennen und zu treffende Entscheidungen abwägen. Beispielsweise sollten teure Einzelkomponenten erst nach eine gründlichen Fehleranalyse getauscht werden, wohingegen günstige Sensoren schnell ausgewechselt werden können. Für den Kunden soll immer die technisch beste und kostengünstigste Lösung gefunden werden.

Der Einsatz der Software wurde durch unsere Ausbilder und die Lehrgangsteilnehmenden positiv bewertet.

FortUnA

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) unterstützt, gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Digitalisierung der überbetrieblichen Berufsbildungsstätten. Das ermöglicht dem BTZ Osnabrück, gemeinsam mit zwei weiteren Berufsbildungszentren des Baugewerbes, ein Projekt zu starten, das mit Hilfe der Virtual Reality (VR) die Kommunikation zwischen den Gewerken am Bau verbessern soll und sowohl handlungsorientiert, als auch mit Blick auf die Auszubildenden lebensweltorientiert ist und zudem eine hohe Anzahl von Wissen über digitale Werkzeuge transportiert.

Seit Mai 2021 entsteht im Projekt FortUnA eine virtuelle Baustelle: Ein ungenutztes Dachgeschoss in einem Einfamilienhaus soll saniert und ausgebaut werden, am Ende entsteht eine attraktive 2-Zimmer-Wohnung. Durch alle Phasen der Bauarbeiten sollen Auszubildende Aufgaben erfüllen, die sie mit anderen Gewerken abstimmen müssen. Das Gebäude wird im virtuellen Raum errichtet, notwendige Ortstermine finden mit der VR-Brille statt. So können die anstehenden Aufgaben, wie z. B. die Abstimmung der Trockenbauwände im Badezimmer zwischen den betroffenen Gewerken „vor Ort“ erfolgen. Auch dann, wenn sich die Auszubildenden in unterschiedlichen Bildungszentren befinden. Es werden moderne Messgeräte eingesetzt, beispielsweise ein 3D-Laserscanner zur Vermessung des Raumes. Die Auszubildenden werfen dabei einen Blick in die nicht ganz so ferne Zukunft und üben sich im Erzeugen, Austauschen und Nutzen von digitalen Informationen.

Ziel des Projektes ist es, digitale Technologien in die überbetriebliche bauhandwerkliche Ausbildung zu integrieren und somit kollaborative Arbeitsprozesse zwischen den Gewerken zu fördern. Im BTZ werden die Auszubildenden zum/zur Elektroniker*in und zum/zur SHK Anlagenmechaniker*in darauf vorbereitet, ihren Anteil an den Um- und Ausbauarbeiten der virtuellen Baustelle zu leisten.

Am 20. Juni 2022 wurde die Virtual Reality Anwendung unter anderem an dem Projektstandort Osnabrück getestet. Sechs Azubis aus regionalen Unternehmen der SHK- und Elektro-Gewerke haben an der Erprobung des FortUnA Szenario 1 teilgenommen. Hierbei handelt es sich um ein Dachgeschoss, welches in den 80er Jahren provisorisch ausgebaut wurde und nun diverse Schäden aufweist. Die Etage soll in der virtuellen Realität zu einer vollständigen Wohnung ausgebaut werden.

Um diese Aufgabe zu lösen, trafen sich Auszubildende an den Projektstandorten Kassel, Bühl und Osnabrück in der virtuellen Umgebung zu einer ersten Baubesprechung. Dort wurden der Handlungsbedarf und das weitere Vorgehen abgestimmt. Die Lernenden entwickelten jeweils orts- und berufsspezifisch Umsetzungsvorschläge für die erforderlichen Arbeiten. Die Ergebnisse wurden in einer weiteren virtuellen Online-Baubesprechung präsentiert, offene Fragen geklärt und Schnittstellen besprochen.

Die Rückmeldungen der Teilnehmenden zu dem Projekt waren ausnahmslos positiv.

Maßnahmen der aktiven Arbeits­förderung

Im Frühjahr 2022 erfolgte die Optionsziehung für das Förderzentrum Osnabrück durch das lokale Jobcenter. Hierdurch ist die weitere Durchführung der Maßnahme mit den Partnern Akademie Überlingen und der DEKRA bis Anfang September 2023 gesichert – jedoch mit im Durchschnitt geringerer Teilnehmerzahl als in den Vorjahren, was dem guten Arbeitsmarkt geschuldet ist. Wie eingangs erwähnt, ist für das Jahr 2023 auf Grund der geringen Zahl der Teilnehmenden nicht mit einer Optionsziehung zu rechnen. Erwartet wird eine Neuausschreibung mit verminderter Platzzahl, an der sich das BTZ Osnabrück, wie auch in den vergangenen Jahren beteiligen wird.

Die Maßnahmen „Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE)“ und die die Ausbildung für behinderte Menschen mit Förderbedarf (ReHa) konnten im Jahr 2022 erfolgreich weitergeführt werden. Mit Blick auf die ReHa Ausbildung wurde Ende 2022 mitgeteilt, dass eine Optionsziehung mit leicht reduzierter Teilnehmendenzahl durch die Agentur für Arbeit erfolgen soll. Durch den Ausstieg des Jobcenters aus der Maßnahme BaE integrativ wird eine entsprechende Neuausschreibung im Jahr 2023 durch die Agentur für Arbeit, ebenfalls mit reduzierter Teilnehmerzahl, notwendig. Nach den Vorgesprächen ist zu erwarten, dass zukünftig das Gewerk Metall nicht mehr im Rahmen der BaE nachgefragt werden wird.

Ende des Jahres 2022 durchlief das BTZ erneut erfolgreich die Reauditierung nach AZAV und ISO ISO 9001-2015.